Seit tausenden von Jahre wird über diesen Begriff diskutiert. Vernunft ist ein zentrales Thema, auch in der Philosophie.
Für mich ist die Definition gefühlt ein ordentlich, in Regeln und Vorschriften verpacktes Gebilde, das an die erwachsene, im Sinne von verantwortungsvoll Handelnde Seite des Menschen appelliert.
Irgendwie steht die Vernunft im Gegensatz zum Gefühl. Sie hat also mit dem Verstand zu tun. Und es geht um ein „richtiges“ Verhalten im Vergleich zu einem bauchgesteuerten Handeln das auf dem Lustprinzip beruht. Wenn man sich vernünftig verhält, befolgt man Regeln und gleichzeitig durchdenkt man sein verhalten und wägt die Konsequenzen ab, die das Verhalten nach sich zieht.
Wir lernen in einem gesellschaftlich bestimmten Rahmen, Regeln einzuhalten. Dieser Rahmen geht von Gesetzen, bei dessen Verstoß man sich strafbar macht über Normen Konventionen bis hin zu innerfamiliär festgelegten Verhaltensweisen, die durch die Erziehung vermittelt werden. Innerhalb der verschiedenen Institutionen ist aber der Rahmen für das, was jeweils unter Vernunft verstanden wird sehr verschieden gesteckt. So kann zum Beispiel eine Mutter es als vernünftig erachten, ihrem Kind in den Wintermonaten eine Mütze aufzusetzen, weil Winter ist. Ungeachtet dessen, wie die Temperaturen draußen sind oder auch ohne auf das individuelle Temperaturempfinden des Kindes einzugehen. Friert die Mutter, geht sie davon aus, dass ihr Kind ebenso empfindet. Das Kind ist in den Augen der Mutter vernünftig, wenn es eine Mütze aufsetzt. Eine andere Mutter vermittelt in derselben Situation eine völlig andere Sicht von Vernunft. Für sie ist das Kind dann vernünftig, wenn es ein eigenes Gespür für seine Bedürfnisse entwickelt und sich danach so verhält, wie es das Kind braucht. Rein objektiv gesehen kommt hier der Stand der Entwicklung des Kindes dazu. Ist es zu jung, kann es diese Leistung nicht vollbringen. Auf der anderen Seite, wenn es nie selbst entscheidet, wird es abhängig bleiben und sich auch nicht darum bemühen ein eigenes Gefühl für seine Bedürfnisse zu entwickeln. Es wird sich auf die Mutter verlassen und später vielleicht auf andere. Es ist wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen in der Erziehung als Eltern ein Gespür dafür zu entwickeln, zu welchem Zeitpunkt Kinder welche Dinge lernen können.
Spätestens hier wird klar, wie schwer definierbar Vernunft eigentlich ist. Es gibt keine klare Richtlinie und auch kein „richtiges“ vernünftiges Verhalten.
Umso wichtiger ist es, uns das bewusst zu machen. Vernunft bedeutet oft ein Abwägen und wir müssen eine Entscheidung treffen, die für uns selbst vertretbar ist.
Angenommen Sie stehen an einer roten Ampel und haben es aus einem sehr wichtigen Grund sehr eilig. Der ein oder andere fragt sich jetzt vielleicht, ob er über die rote Ampel gehen sollte. Schon bei dieser Frage würden sich im Verhalten vermutlich verschiedene Menschen unterschiedlich verhalten. Der Eine würde über rot gehen. Ein Anderer würde gehen, wenn keine Kinder in der Nähe wären. Wieder jemand würde in jedem Fall stehen bleiben, weil derjenige nie bei rot über die Straße geht. Es ist ein persönliches Vernunftdilemma.
Überlegen Sie was für Sie Vernunft bedeutet. Was haben Sie als vernünftig gelernt und was davon erscheint Ihnen auch wirklich vernünftig. Stecken Sie Ihren eigenen Vernunftrahmen ab. Bei der nächsten Situation, in der Sie unsicher sind, wie Sie entscheiden sollen, führen Sie sich diesen Rahmen vor Augen und treffen als ihr eigener Vernunftspezialist die Entscheidung. Nehmen Sie dann ihren Körper wahr, während Sie sich ihre Entscheidung in der Situation vorstellen und spüren Sie, ob Ihnen irgendetwas an Ihrem Körper auffällt.
Wenn Sie immer noch unsicher sind, dann stellen Sie sich in einem zweiten Schritt die mögliche Alternative zu ihrer ersten Entscheidung vor und spüren wieder, ob Sie irgendetwas an Ihrem Körper wahrnehmen können, während Sie sich diese Möglichkeit vorstellen. Im Anschluss vergleichen Sie die Empfindungen.
Sie werden wissen, was besser in Ihr eigenes Vernunftsystem passt, denn nur Sie sind Spezialist für ihre Vernunft!
Ich wünsche Ihnen vernünftige Entscheidungen.
Ihre Maja Günther
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